Die
Filmpferde in Moritzburg und
Böhmen
„Eines
Tages lief ich durch den
Ort“ sagt der Moritzburger Gerhard Lilie „da kamen auf der
gegenüberliegenden
Straßenseite die Leute von der DEFA gelaufen.“ Sie riefen: „Heute
brauchen wir
dich nicht!“ und lachten.
Herr
Lilie ist ein alter Bekannter,
seine Pferde und er haben schon in so manchem DEFA – Film mitgespielt.
Nachdem
er sich erkundigt hatte, was sie denn suchen würden, stellte sich
heraus, sie
brauchten Pferde und Kutschen. In der damaligen Tschechoslowakei
grassierte die
Maul- und Klauenseuche, die Einreise von Tieren in die DDR war
verboten. . Es
sollten Szenen zu einem Märchenfilm gedreht, ein Königspaar
standesgemäß
chauffiert werden, als Kulisse - Schloss
Moritzburg.
Die Informationen über das Leben des Pferdes von
Aschenbrödel stellte ich zur Verfügung.
![]() |
![]() |
Pavel Trávníček, er spielte im Film den Prinz, betrachtet die Schautafel. | Nun komme ich selbst dazu, die
Schautafel im Augenschein zu nehmen. |
![]() |
Auf dem Foto sind Margitta
Hensel, Wiss. Mitarbeiterin der Staatliche Schlösser,
Burgen & Gärten Sachsen Schloss Moritzburg und
Fasanenschlösschen
www.schloesserland-sachsen.de Kathrin C. Miebach, Meschede, www.dreihaselnuessefueraschenbroedel.de Christoph Müller, Potsdam, www.hufblitz.de Kathrin und ich stehen nun seit mehr als zwei Jahre per E-Mail im Kontakt und recherchieren über die Herkunft und das Leben des Pferdes Kalif. Zur Eröffnung der Ausstellung sehen wir uns zum ersten mal. |
![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
Margitta und ich unterhalten uns
über unsere Recherchen.
So sage ich unter anderem, daß mir noch die Information fehlt,
wer eigentlich den Schimmel Kalif von Potsdam nach Moritzburg brachte.
Margitta
meint: "Gerhard Lilie".
|
Zur
Ausstellungseröffnung am 9.10.2009 kamen Pavel Trávníček
(Prinz), Rolf Hoppe (König) und Václav Vorlíček
(Regie) mit der
Kutsche, die bei den Dreharbeiten zum Einsatz kam, angefahren. Die
Kutsche verbleibt als Ausstellungsstück im Schloss.
|
Carinha singt ihr Lied nicht auf tschechisch, nicht auf deutsch, sonder auf englisch, "Believe in Three Hazelnuts", für die Gäste aus Wales, südwesten des Vereinigten Königsreiches. Nun bin ich ein Fan von Carinha, wie Pavel Trávníček (Prinz), der Ihr eine Rose gibt. Pressemitteilung von Carinha www.carinha.de |
|
|
Kinder einer dritten Schulklasse tanzen zusammen mit zwei Schauspielern, die in die entsprechenden Kostüme gekleidet den Prinzen und Kleinröschen darstellen. |
Jolanda Querbeet und Georgi
Marinov tanzen den Kleinröschen.
|
Weiter geht es hier im Text, welches an der Schautafel steht:
Lilie
besorgte weitere drei
Schimmel von einem Freund aus Mittweida, Alfred Zieger.
Das
Ergebnis – ein Relikt aus
längst vergessenen Tagen – eine königliche Kalesche, gerade
recht für ein
königliches Paar, gezogen von vier Schimmeln. Das linke
Vorderpferd (Ebro)
wurde von seinem Besitzer Gerhard Lilie geritten.
Begleitet
werden sollten die
königlichen Herrschaften von einer Eskorte Soldaten. Diesen Part
übernahm das
damalige Hengstdepot.
Noch
heute ist es eine der schönsten
Szenen im Film, wenn der königliche Zug am Märchenschloss
vorbei zieht.
Das
sächsische Landgestüt musste
1992 einen herben Verlust hinnehmen. Die Scheunen, in denen sich
Futter,
Kutschen und Kalesche befanden brannten komplett aus. Übrig
blieben nur noch
diverse Kleinteile welche durch ihre Struktur dem Feuer trotzen
konnten. Sie
wurden aufgearbeitet, die Kalesche konnte neu aufgebaut werden.
Für die Zeit
der Ausstellung können unsere Gäste den edlen Wagen in der
Eingangshalle des
Schlosses bewundern.
In
Böhmen wurde mit
böhmischen Pferden gedreht. Sie stammten teils aus dem
Nationalgestüt Kladruby
nad Labem. Der Präsident des Reitclubs Pilsen, Jan Stroner,
schreibt: „Unser
Club und auch ich persönlich hatten großen
Anteil an den Dreharbeiten dieses schönen Märchens. Ich und
meine damaligen
Club-Kollegen haben Komparsenrollen übernommen bzw. waren auch
Double für den
Prinzen. Die Prinzessin ist in einigen Situationen von unserer Kollegin
Helena
Štruncová gedoubelt worden. Natürlich saßen wir in
dieser Verfilmung auf
unseren Rössern. Und obwohl wir insbesondere vor 1989 bei den
Dreharbeiten für
ca. 175 Verfilmungen und Fernsehproduktionen mitgemacht haben, entsinne
ich
mich gerade an diese Dreharbeiten recht gern. Der Walach Jurášek
(Nikolaus) war
bei der ganzen Equipe ein bisschen die Ausnahme. Er stammte aus dem
Prager
Reitclub JK Čs.film Praha, nannte sich Ibrahim und zu den Dreharbeiten
wurde er begleitet von Frau Beranová. Da war er schon ca. 17
Jahre alt. Das
interessante Pferd des Prinzen (ebenfalls ein Schimmel) hieß Šibal. Der andere Schimmel (gut
zu sehen bei der Fuchsjagd) nannte sich Šerif, auf ihm sitzt unser
damaliger Trainer Herr František Žák. Das Pferd des Präzeptors (Lehrers)
war
unser Fjord-Zuchthengst Čaromír.“
Der „deutsche Nikolaus“ hatte eine bewegte
Geschichte, die Christoph Müller aus Potsdam herausfand. Da er
selbst als Kind
in der Betriebssportgemeinschaft der DEFA auf Kalif geritten war,
übernahm er
die Recherche und erhielt folgende Informationen.
Seinen Ursprung soll er in Israel haben. Er hatte etwa 1,55 m
Stockmaß und war
etwas stabiler als ein Araber. Beim Zirkus Busch war er durch
Feuerreifen
gesprungen. Nervlich ging es ihn nicht gut und wurde für die
Auftritte
unbrauchbar. Er wurde kastriert und an die Kaskadeure verkauft, die ihn
dann
zurückließen.
Im Verein wurde er dann
Voltigier- und Schulpferd. In den aufgeführten
Filmen leistete er seinen Dienst. Im 1966 gedrehten Film "Frau Venus
und
ihr Teufel" mit Manfred Krug und Inge Keller doubelte meine Schwester
Birgit Schaar auf Kalif. Das Pferd hatte durch den Umgang mit den
vielen
Kindern einen Wandel durchgemacht und wurde ein absolutes
Verlaßpferd, einfach
im Umgang. Er war nie lahm, hatte nie eine Kolik, im Winter hatte er
ein Fell
wie ein Eisbär. Im hohen Alter bekam er Schwierigkeiten mit den
Zähnen. Das
Fressen machte ihm Schwierigkeiten und so entschlossen wir uns, uns von
ihm zu
trennen. Er ist ca. 33 Jahre alt geworden und hat bis zum Ende immer
gearbeitet. In Babelsberg auf einer Wiese am Stall ließen wir ihn
vom Tierarzt
einschläfern.“
Im zusammenhang mit der Ausstellung
erfahre ich von einem dritten Schimmel für Aschenbrödels Pferd
Rondus, geboren 1966, Sohn von Ralf und Iris soll es
gewesen sein, der für die gefährlichen Szenen beim Ritt die
Rampe am Schloss hinunter verwendet wurde. Zuchtlinien: http://www.allbreedpedigree.com/rondus2
und http://www.paardenfokken.nl/pedigree
"Eigentlich wollte das
Filmstudio Barrandov seine eigenen Pferde mitbringen", erinnert sich
Marion
Becken. Aber die dort grassierende Maul‑ und Klauenseuche machte das
unmöglich.
Und so mussten unter anderem ein Ersatzschimmel für
Aschenbrödel gefunden
werden. Die Wahl fiel auf Kalif .... Als Begleiter von
Aschenbrödel
zum großen Ball im Schloss Moritzburg bleibt er unsterblich.
"Dass der
Film so erfolgreich werden würde, hat sicher keiner gedacht",
meint Marion
Becker die heute bedauert, kein Szenenfoto ihres Ritts zu besitzen.
Dabei waren
die Dreharbeiten völlig unromantisch. "Mit den Darstellern sind
wir
während des Drehtages gar nicht in Berührung gekommen",
erinnert sie sich,
"Die meiste Zeit bestand im Warten.
Dann ging es in die Maske und die Szene wurde zwei oder dreimal
gedreht."
Für die Szene schlüpfte sie in das Ballkleid von
Aschenbrödel. "Das war
mir natürlich zu eng, so ließen wir es hinten offen,
darüber kam ja noch der
Umhang, der auch die Reitstiefel verdreckte, verrät sie. Das waren
nicht
die einzigen Tricks der Filmleute. So wurde aus der am Tag gedrehten
Szene im
Film dann eine, nächtliche. Auch in anderen
DEFA‑Produktionen
ist Marion Becher in Reitszenen zu sehen. So war sie Gräfin Cosel
in dem Film
"Sachsens Glanz und Preußens Gloria", drehte in der Dresdner
Neustadt für
den Thälmann‑Film, im Großen Garten für den Film
"Abschied vom Frieden"
und zuletzt für "Pateneltern" hinter Weißig. Pferde haben im
Leben an
Marion Becker immer ein, große Rolle, gespielt "Mit 14 Jahren
saß ich das
erste Mai auf dem Pferd, damals war das nicht eher möglich", sagt
sie, Das
erste eigene Pferd bekam sie, 1972, Über zehn Jahre war sie bis
1989
Futtermeisterin im Deutschen Turn‑ und Sportbund (DTSB), Sektion
Pferdesport.
Nach verschiedende Erwerbstätigkeiten widmet sie sich seit 1993
wieder voll und
ganz dem Sport mit den edlen Vierbeinern, als Übungsleiterin im
Reit‑ und Fahrverein Moritzburg. Und natürlich hat sie auch ein
eigenes Pferd, den Wallach
Aladin. Wenn sie mit ihm am Schloss vorbeireitet, steigen Erinnerungen
auf an
den Winter 1973, in dem sie für wenige Momente Aschenbrödel
war. |
Eine
Broschüre zur
Ausstellung wurde herausgegeben, von Staatliche Schlösser, Burgen
und Gärten / Schloss Moritzburg und Fasanenschlösschen www.schloesserland-sachsen.de
. In der sind die Texte der ausgestellten Schautafeln abgedruckt. Aus der zitiere ich: Drehort Moritzburg und Doubels |
![]() |
Allen Fans von dem Film, die
wissen wollen, was die Redner sagten, was auf der Ausstellung zu sehen
war und was sich auf der Terrasse des Schlosses abspielte, kann ich
diese DVD mit ruhigen Gewissen ans Herz legen. Eine kleine Auswahl an
Szenen sind hier auf meiner Webseite zu sehen. Ich gebe zu, ich bin da befangen, weil ich selber vor Ort war. Die DVD zeigte ich meiner Familie und in meinen Bekanntenkreis. Sie zitiere ich: "Diese Ausstellungseröffnung war ja tatsächlich unterhaltsam, sonst sind diese doch recht langweilig. Herr Dr. Wofgang Voß, der Staatssekretär des Finanzministerums Sachsens, der aus dem Westen kommt, ist ja sehr sympathisch, man könnte denken, der ist einer von uns. Er erläutert die Handlung des Filmes und erzählt, was ihm so perönlich mit dem Film verbindet Pavel Travnicek, der Prinz, ist äusserst charmant, so ist typisch ein Tscheche, er gibt der Sängerin seine Rose. Aber Rolf Hoppe, der König, wiederum vergisst es nicht, seine Fans im anderen Raum zu grüßen und nimmt dabei den Pavel mit. Das ist ein äusserst guter Zug von ihn. Vaclav Vorlicek, der Regisseur, erzählt Dinge, die einem zum erstaunen bringt, zum Beispiel wie die politische Ereignisse des Prager Frühlings 1968 auf die Dreharbeiten des Filmes 1972 wirkten." |